Rechte von Kindern mit Behinderungen müssen im Koalitionsvertrag gestärkt werden

Gemeinsame Stellungnahme des Bundesverbands behinderter Pflegekinder e.V. und des Aktionsbündnisses Kinder mit Behinderungen in Pflegefamilien e.V.

Hier finden Sie die Stellungnahme als PDF [751 KB].

„Rechte von Kindern mit Behinderungen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie leben können“

Sehr geehrte Damen und Herren,

Kinder mit Behinderungen, die nicht in ihren Herkunftsfamilien aufwachsen können, haben keinerlei Lobby. Das Aktionsbündnis Kinder mit Behinderungen in Pflegefamilien e.V. und der Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V. setzen sich seit Jahren für die Rechte von Kindern mit Behinderungen ein.

Daher treten wir mit der dringenden Bitte an Sie heran, in Ihren Verhandlungen zur Koalitionsvereinbarung die Umsetzung der Rechte von Kindern mit Behinderungen auf der Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) aufzunehmen.

Diese sind insbesondere:

  1. Immer noch müssen Pflegekinder mit Behinderungen in Verantwortung der Sozialhilfe häufig mit schlechteren Rahmenbedingungen Vorlieb nehmen. Gemäß Artikel 7 Abs. 1 UN-BRK sollen Kinder mit Behinderungen Kindern ohne Behinderung rechtlich gleichgestellt sein. Nach Artikel 4 Abs. 1 UN-BRK sind hierfür alle Gesetzgebungsmaßnahmen zur Umsetzung dieser Rechte zu treffen. Es muss die seit langem geforderte Gesamtzuständigkeit des SGB VIII für Kinder mit und ohne Behinderung geschaffen werden.
  2. Immer noch werden Kinder mit Behinderungen eher in Einrichtungen untergebracht anstatt qualifizierte Pflegefamilien zu fördern. Gemäß Artikel 23 Abs. 5 UN-BRK ist unsere Regierung verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, für Kinder mit Behinderungen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie leben können, die Betreuung in einer Pflegefamilie zu gewährleisten. Es müssen bundeseinheitlich gesetzlich geregelte Standards in der Pflegekinderhilfe für Kinder mit Behinderungen geschaffen werden.
  3. Pflegeverhältnisse für junge Volljährige werden derzeit in erschreckendem Umfang zum „Privatproblem“ der Pflegefamilie erklärt. Unter Missachtung der Hilfekontinuität werden punktgenau mit Erreichen der Volljährigkeit wesentliche Rahmenbedingungen der Leistung geändert und damit Teilhabechancen der Betroffenen massiv beeinträchtigt. Gemäß Artikel 19 UN-BRK sollen junge Menschen mit Behinderungen, die in einer Pflegefamilie leben, mit Eintritt der Volljährigkeit das Wunsch- und Wahlrecht haben, über ihren weiteren Aufenthaltsort selbst zu entscheiden. Wenn dies ihre bisherige Pflegefamilie ist und sie aufgrund ihrer Behinderung nicht allein leben können, sondern weiter auf Pflege und Betreuung angewiesen sind, muss die Fortsetzung dieser Hilfemaßnahme über das 18. Lebensjahr hinaus ohne Leistungskürzung möglich sein.

In Deutschland gibt es nach den Erhebungen des statistischen Bundesamtes ca. 134 000 Minderjährige unter 15 Jahren mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen. Von ihnen sind ca. 8,4 Prozent, insgesamt 11.000, in stationären Wohnformen untergebracht. Bei Umsetzung der von uns genannten Forderungen hätte eine Vielzahl von ihnen die Chance, in der Geborgenheit einer Pflegefamilie aufzuwachsen.

Die Kosten der Unterbringung eines Kindes mit Behinderung in einer Pflegefamilie sind jährlich um ca. 30.000 Euro günstiger als in einer stationären Einrichtung. Bei 100 Kindern wäre dies alleine schon ein Betrag von 3 Millionen Euro.  Die Möglichkeit der Einsparung öffentlicher Gelder in einem so hohen Umfang sollte ebenso Anstoß dazu sein, die o.g. Forderungen der UN-BRK für Kinder mit Behinderungen in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages umzusetzen.

Wir bitten Sie um Ihre Unterstützung für alle Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Held,Vorsitzende Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V.
Frauke Zottmann-Neumeister
Peter Kreuels,
Vorsitzender Aktionsbündnis Kinder mit Behinderungen in Pflegefamilien e.V.

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