Vivian Pasquet gewinnt Sozialpreis und nimmt Ministerin Giffey in die Pflicht

Jetzt auch noch der Deutsche Sozialpreis: GEO-Redakteurin Vivian Pasquet hat für ihren Beitrag über das Leben unserer Vorsitzenden Kerstin Held als Pflegemutter erneut einen renommierten Journalistenpreis erhalten. Bei der Übergabe am Mittwoch, 28. November 2018, in Berlin stand sie gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey auf der Bühne und fragte sie zur Überraschung aller ganz direkt, warum es für Pflegekinder mit Behinderung keine bundesweit verbindlichen gesetzlichen Regelungen gebe.

Vivian Pasquet mit Mikrofon
Vivian Pasquet sprach Familienministerin Franziska Giffey direkt auf fehlende Regelungen für Pflegekinder mit Behinderung an. [Foto: BAGFW/Dirk Hasskarl]
In der Talk-Runde, die sich an die Preisverleihung in der Akademie der Künste anschloss, berichtete Vivian Pasquet von ihren Recherchen für die jetzt prämierte Geschichte „Frau Held, Mutter“, die im GEO-Heft 01/2018 erschienen ist [hier lesen Sie den Beitrag als PDF]. Es habe sie regelrecht „schockiert“, als sie erfahren habe, „dass behinderte Pflegekinder im Vergleich zu nichtbehinderten Pflegekindern gesetzlich überhaupt nicht das Recht haben, in Familien zu kommen. Das ist einfach nirgendwo im Gesetz geregelt.“

Kerstin Held kämpfe seit 17 Jahren dafür, dass sich das ändere – bislang allerdings ohne Erfolg, so die Journalistin: „Wenn man nicht gesund zur Welt kommt und keine Mutter und keinen Vater hat, die sich kümmern können, dann ist es eben nicht geregelt, wo man landet – sondern man braucht einfach Glück: Man braucht den richtigen Sachbearbeiter und muss im richtigen Bundesland geboren sein.“

Moderatorin Claudia Brüninghaus und die Sozialpreisträger samt Ministerin Giffey
Diskussionsrunde im Anschluss an die Preisverleihung. [Foto: Kerstin Held]
Moderatorin Claudia Brüninghaus reagierte prompt und fragte die Familienministerin sogleich nach einer Antwort. „Das Thema Pflegekinderwesen ist wirklich eines, um das wir uns kümmern müssen, ich sehe das ganz klar so“, erwiderte Franziska Giffey. Die Reform des Kinder- und Jugendhilferechts sei eine klare Aufgabe für die laufende Legislaturperiode – umso mehr vor dem Hintergrund, dass im vergangenen Jahr das geplante Kinder- und Jugendstärkungsgesetz an unterschiedlichen Auffassungen in den Bundesländern gescheitert sei.

„Mir ist sehr wichtig, dass das diesmal nicht scheitert, sondern dass wir es schaffen, da zu einer Lösung zu kommen“, betonte Giffey und verwies auf den Beteiligungsprozess, der Anfang November gestartet wurde (und bei dem auch der BbP vertreten ist). Ziel sei, bis nächsten Sommer die Beiträge der unterschiedlichen Beteiligten zu organisieren.

Explizit sprach Ministerin Giffey dabei die BbP-Vorsitzende Kerstin Held an, die im Publikum saß: „Aus Ihrer praktischen Sicht, aus Ihrer jahrelangen Erfahrung: Welche Dinge sehen Sie, die eigentlich im Gesetz ankommen sollten?“ All dies solle in den Reformprozess einbezogen werden. Im Anschluss an die Veranstaltung nahm sich Giffey Zeit für ein persönliches Gespräch mit Kerstin Held, um die weitere Zusammenarbeit zu besprechen.

Ministerin Giffey und Kerstin Held
Familienministerin Franziska Giffey (links) im Gespräch mit der BbP-Vorsitzenden Kerstin Held [Foto: Vivian Pasquet]
Den Deutschen Sozialpreis verleihen die sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammengeschlossen sind: Arbeiterwohlfahrt, Caritas, der Paritätische, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie und die jüdische Zentralwohlfahrtsstelle ZWST. Seit 1971 werden damit herausragende journalistische Arbeiten zu sozialen Themen ausgezeichnet. Er ist einer der wichtigsten Medienpreise in Deutschland und wird in den Sparten Print, Hörfunk, Fernsehen und Online vergeben. Jeder Preisträger erhält 5.000 Euro. 2018 wurden insgesamt 297 Beiträge eingereicht.

Vivian Pasquet erhält den Deutschen Sozialpreis 2018 von Abraham Lehrer
GEO-Redakteurin Vivian Pasquet mit Abraham Lehrer, Präsident der ZWST, der ihr den Deutschen Sozialpreis 2018 in der Sparte Print für die Geschichte „Kerstin Held, Mutter“ überreicht hat. [Foto: BAGFW/Dirk Hasskarl]
In der Begründung der Jury heißt es zum Beitrag von Vivian Pasquet, der in der Sparte Print gewonnen hat:

„Das Bestechende dieses Beitrages ist, dass es sich nicht nur um die Geschichte einer einzelnen Frau handelt, die seit 17 Jahren behinderten Pflegekindern eine Familie gibt, die ihnen wohl verwehrt geblieben wäre, wenn es diese Frau nicht gäbe. Die Geschichte gibt Einblicke, wie unsere Gesellschaft mit Schwachen umgeht und zeigt auf, wie groß persönliches Engagement sein kann, um ihnen zu helfen. Berührend in der Schilderung der kleinen Glücksmomente der Pflegemutter und Pflegekinder, aber auch in der Beschreibung des Scheiterns. In der gesellschaftlichen Diskussion um Inklusion ein wichtiges Thema, das die Autorin sehr umfassend und kritisch beleuchtet. Journalistisch spannend durch den Mix aus Reportage und Interview. Wunderbar unterstützt durch die starken Bilder von Jacobia Dahm.“

Urkunde Sozialpreis 2018
Urkunde zum Deutschen Sozialpreis 2018 [Foto: Kerstin Held]
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