Bundesweit erstes Selbstvertretungsgremium von Pflege- und Adoptivkindern mit Behinderung gegründet

„Kinder- und Jugendrat“ im BbP will Anliegen nach Berlin tragen – BbP-Vorsitzende Kerstin Held: „Selbstvertretung ist in der Kinder- und Jugendhilfe angekommen“

Haltern am See/Papenburg. (ges) An Pfingstsonntag, 28. Mai, hat sich erstmals ein Selbstvertretungsrat von Pflege- und Adoptivkindern mit Behinderung gegründet. Im Rahmen des diesjährigen Familientreffens des Bundesverbandes behinderter Pflegekinder e.V. (BbP) im Könzgenhaus in Haltern am See kamen zehn junge Menschen im Alter zwischen 5 und 16 Jahren zusammen, die allesamt in Pflege- und Adoptivfamilien aufwachsen, in denen Behinderung eine Rolle spielt. Zwei weitere erklärten ihre Teilnahme am „Kinder- und Jugendrat“ aus der Ferne.

10 Kinder und eine Erwachsene sitzen im Halbkreis [Foto: Roland Breitschuh]
Der neu gegründete Kinder- und Jugendrat mit der BbP-Vorsitzenden Kerstin Held. [Foto: Roland Breitschuh]
Die zwölf Mitglieder wollen sich künftig regelmäßig zu Themen austauschen, die sie betreffen, und mit vereinter Stimme ihre Anliegen nicht nur in den Verband, sondern in den gesamten politischen Willensbildungsprozess einbringen. In einer ersten gemeinsamen Veröffentlichung formulierten die jungen Menschen nicht nur die Absicht, ihre Sorgen und Bedürfnisse „noch in diesem Jahr“ im Bundesfamilienministerium in Berlin vortragen zu wollen, sondern auch drei erste grundsätzliche Anliegen:

  • Wir brauchen mehr Privatsphäre.
  • Wir wollen erst kennengelernt werden, bevor man über uns eine Meinung hat.
  • Wenn wir etwas nicht dürfen, wollen wir wirklich wissen, warum.

Die Vorsitzende des Bundesverbandes behinderter Pflegekinder e.V., Kerstin Held, sagt dazu: „Wir freuen uns sehr darüber, dass sich dieser Kinder- und Jugendrat gegründet hat. Selbstvertretung von Kindern mit Behinderung ist ohnehin selten, von Pflege- und Adoptivkindern mit Behinderung aber ist sie einmalig.“ Der Bundesverband behinderter Pflegekinder sehe sich selbst ja in erster Linie als eine Vertretung der Kinder, so Held weiter. „Umso wichtiger ist, dass die Kinder jetzt eine Stimme aus der ersten Reihe haben, und zwar losgelöst von ihren Eltern.“

Der „Kinder- und Jugendrat“ will sich regelmäßig (auch online) austauschen und beim jährlichen Familientreffen des BbP in einer Konferenz zusammenkommen. Ein Mal im Jahr hilft der BbP zusätzlich bei einem gemeinsamen Wochenende. Wer als Teilnehmer*in Unterstützung bei der Kommunikation benötigt, soll diese durch Assistenz, Informationen in einfacherer Sprache und einfache Beteiligungsmöglichkeiten erhalten. Nicht wichtig ist dabei, wer in der Familie die Behinderung hat oder welcher Art diese ist.

„Auf dem Weg in eine künftige inklusive Pflegekinderhilfe und im Zuge des derzeitigen Reformprozesses ist die Selbstvertretung nun tatsächlich auch in der Kinder- und Jugendhilfe angekommen“, stellt Kerstin Held erfreut fest. Während das Prinzip der Selbstvertretung in der Behindertenhilfe seit Langem etabliert ist („Nichts über uns ohne uns!“), ist es in der Kinder- und Jugendhilfe ein eher neuer Ansatz. Erst mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz erhielt das SGB VIII im Juni 2021 den Paragraphen 4a, der Selbstvertretung in der Kinder- und Jugendhilfe gesetzlich verankert. „Wir halten Selbstvertretung für elementar und freuen uns umso mehr darüber, ihr bei diesem Start behilflich sein zu können“, so Kerstin Held weiter.

Über den Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V.
Der Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V. (BbP) ist eine Selbsthilfevereinigung von Pflege- und Adoptiveltern, die sich für Pflege- und Adoptivkinder mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen engagieren. Er wurde 1983 gegründet und vertritt bundesweit mehr als 600 Familien mit über 1.200 Pflegekindern. Zentrales Anliegen ist die Vermittlungshilfe von Kindern mit besonderen Bedürfnissen in Pflegefamilien. Nach der UN-Behindertenrechtskonvention hat jedes Kind das Recht, in einer Familie aufzuwachsen. Der BbP ist als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt und vertritt die Interessen behinderter Pflegekinder und ihrer Pflegeeltern auch im politischen, sozialrechtlichen und gesellschaftlichen Bereich.

Kontakt:
Rita Leser, Sonja Kappelt
04961 665241, info@bbpflegekinder.de

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